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09.05.2020 Tagesimpuls

Philippus

Kirche spiegelt sich in Fenster

Durch das Fenster gelangt man zum PDF

Philippus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns.

 

Meine lieben Leser und Leserinnen!

Das nebenstehende Bild ist vermutlich keins, das sie sich einrahmen und im Wohnzimmer aufhängen würden. Aber dieses Bild spiegelt doch genau die Antwort Jesu auf die Bitte des Philippus im heutigen Evangelium, „Herr, zeig uns den Vater“. Und Jesus antwortet ganz unerwartet und überraschend; „Wer mich sieht, der sieht den Vater“. Macht es sich Jesus mit der Antwort nicht zu leicht? Nein, es ist die beste Antwort, die er ihnen, und uns heute geben konnte. Es geht doch nicht darum, dass wir etwas oder jemanden  sehen können. Sie sehen in diesem Bild ein Fenster und darin spiegelt sich ein Kirchturm. Das ist alles was sie sehen können. So ist das mit

Bildern. Für manche unter ihnen, die diese Kirche in diesem Fenster erkannt haben, wird dieses Bild eine andere Bedeutung haben. Da werden Erinnerungen wach. Erinnerungen an die Begegnungen auf dem Weg dorthin. Die Schmerzen und die Freude, die einen begleitet haben. Ich bin mir sicher, dass derjenige genau beschreiben kann, wie es sich angefühlt hat, als er diese Kirche betreten hat. Welche Freude des Angekommen sein ihn begleitet hat, aber auch welche Traurigkeit und die Gewissheit, dass dieser Weg hier zu Ende ist. Das ist auch die Situation, in der sich die Jünger befinden und spüren, dass der Weg mit diesem Jesus, so wie sie ihn vor und nach der Auferstehung erlebt und gekannt haben, zu Ende geht. Kurz vor der Bitte des Philippus spricht Jesus, von seinem Weg zum Vater. Er spricht davon, dass Sie den Weg dorthin bereits kennen, worauf ihm Thomas antwortet „Herr, wir wissen nicht wohin du gehst. Wie sollen wir den Weg kennen?“ Jesus antwortet auch hier nicht mit einer Wegbeschreibung, sondern er sagt „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Auch das verstehen die Jünger noch nicht. Sie möchten ihn festhalten oder zumindest etwas in der Hand haben. Eine Art Sicherheit. Wie soll das nur weitergehen, wenn er nicht mehr da ist. Sie spüren aber bereits, dass sie ihn hier nicht festhalten können. Und sie spüren den Schmerz in ihren Herzen.

In der Kathedrale von Santiago de Compostela, die dieses Fenster spiegelt, ist dieser schmerzhafte Moment des Abschieds für jeden Pilger hautnah erlebbar. Und ich habe viele an diesem Ort sagen hören „O Augenblick weile ewig“. So wie die Jünger auf den Berg der Verklärung drei Hütten bauen und nie wieder zurück in den Alltag gehen wollten. Es ist mir am Ende des Weges genauso ergangen. Ich wollte nicht zurück. Ich wollte bleiben, weil ich den Duft des Himmels, wie ich oft erzähle, gerochen habe. Ich habe viele Fotos, die mich heute noch an diese

Pilgerreise erinnern. Die Jünger und Jüngerinnen Jesu hatten diese Möglichkeit nicht. Sie konnten kein Foto von ihm machen, und ich muss ihnen sagen, dass es gut war, dass sie es nicht konnten.

Bilder zeigen Landschaften und Menschen die ich auf dem Weg getroffen habe, aber sie erzählen nichts über diesen Weg.

Als ich zu Hause war, konnte ich nicht aufhören über meine Erlebnisse zu erzählen. Meine Tochter sagte mir, dass sie es nicht mehr hören kann. Sie verkroch sich mit Kopfhörern auf den Ohren in ihr Zimmer. Bis sie eines Tages beschloss diesen Weg, von dem ich ihr so oft erzählt habe, selbst zu gehen. Und da Sie aus demselben Holz geschnitzt ist wie ich ist, und sich nicht durch Fieber, Blasen, Durchfälle, oder sonst aufhalten ließ, ist Sie diesen Weg, Ihren Weg zu Ende gegangen. Und nun ist Sie diejenige, die über diesen Weg erzählt. Sie ist zu Botschafterin dieses Weges geworden, so wie ich es war und immer noch bin.

 

„Erzählt über das, was Ihr mit mir erlebt habt“, will Jesus den Jüngern sagen. Kein Bild vom Vater oder von mir wird die Menschen überzeugen. Aber eure Austragung, eure Gewissheit, eure Freude und Zuversicht, eure Hoffnung auch in schweren Zeiten werden die Menschen in Verwunderung stürzen. Werdet zu einem Fenster, das die Liebe Gottes zu den Menschen spiegelt.

Zu einem Fenster, das sich öffnen lässt zu einer neuen Welt. Dass die Menschen frei aufatmen lässt.

Und Sie taten es. Viele haben Jesus damals gesehen und gekannt. Aber nur die, die Ihn erlebt haben, die mit Ihm den Weg bis zum Ende gegangen sind, die, die Enttäuschung der eigenen Wünsche erlebt haben, die voller Resignation den Weg nach Emmaus angetreten sind, und ihn auf dem Weg dorthin wiedererkannt haben, sind die besten Botschafter bis heute. Was sagt ihnen Jesus auf diesem Emmaus Weg? Er sagt:“ Erinnert ihr euch nicht was über ihn gesagt wurde und was er euch gelehrt hat?“ Und es brannte ihnen das Herz, während sie mit Ihm redeten. An einer anderen Stelle im Johannes Evangelium sagt Jesus: „Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund.“

Wie wäre es, wenn uns heute jemand bitten würde: „Zeige mir Jesus. Das genügt mir.“

 

Einen angenehmen Tag wünscht Ihnen Diakon Achim Fuhrmann