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11.05.2020 Tagesimpuls

Die Kühlschranktür

 

Klick auf das Bild öffnet PDF Zettel an der Kühlschranktür

Denke daran, dass selbst, wenn du in der Küche bist,

sich Gott zwischen den Töpfen bewegt.

(Hl. Theresa von Avila 1515-1582)

 

Liebe Mitchristen,

was hat Archäologie mit meiner Küche zu tun? Eine berechtigte Frage!  Glauben Sie mir, Ich habe es bis vor wenigen Stunden auch noch nicht gewusst. Bis ich zufällig, eher im Vorbeigehen, auf meinen Kühlschrank geschaut habe. Und da blitzte der Gedanke auf. Eine Kühlschranktür kann viel über die Menschen aussagen, die sie verwenden????. Ich sehe überall kleine Zettelchen, eine to do Liste, Erinnerungen für den nächsten Einkauf, uralte Kassenbons, ein schief ausgeschnittener Gedankenspruch, Postkarten, die mich  gefunden haben, ein uraltes Foto von mir  und meiner Tochter, als sie etwa 1 Jahr alt war, später zur Muttertagskarte umgearbeitet. Sogar die  Geburtsanzeige meines Patenkindes  lässt sich erahnen ,  ein lieber Gruß aus Rom, ein Lieblingsspruch darüber, dass die besten Partys immer in der Küche enden, ein Magnet mit dem Logo Werder Bremens, dem Lieblingsfußballverein meines Sohnes, ein witziger Cartoon und vieles mehr. Das ist das, was man auf den ersten Blick mehr oder weniger deutlich sieht. Vieles liegt übereinander. Nicht alles kann ich sofort identifizieren. Kreuz und quer angepinnt, von manchem schaut nur eine kleine Ecke heraus. Es lässt sich nur vermuten, was sich darunter verbirgt. Das muss ich jetzt genauer wissen. Da liegen verschiedene Schichten von Erinnerungswerten über - und nebeneinander. Behutsam versuche ich eine Postkarte der Augsburger Puppenkiste zur Seite zu schieben, da fällt der Engelmagnet schon herunter. So geht es also nicht. Und wie ich das Bild betrachte, fällt mir eine Anekdote aus der Studienzeit ein. Damals, während meines Archäologiestudiums in Mainz, haben wir anlässlich des 50. Geburtstages unseres Professors in einem Festvortrag den kleinen Kaffeetisch vor der Fachbibliothek, der natürlich über und über mit diversen Hanutabildchen von Fußballern der letzten 15 Jahre (1974-1988) zu geklebt war, Schicht für Schicht, wie auf einer Grabung, auseinandergenommen. Ein Riesen Spaß! Daran denke ich während ich die Kühlschranktür betrachte. Meine Gedanken schweifen weiter zu meinen Ausgrabungen während meiner Studienzeit. Und jetzt hat es mich wieder gepackt. Ich entscheide mich, eine kleine Schichtengrabung an meiner Kühlschranktür vorzunehmen. So beginne ich die oberste Schicht vorsichtig abzunehmen, so, wie bei einer Ausgrabung, wenn man die die oberen und  jüngsten Schichten vorsichtig abträgt, um an die darunterliegenden älteren Schichten zu kommen. Neben der Speisekarte eines hiesigen Pizzaservices entdecke ich, u.a. eine Postkarte mit einer Schleiereule. Sie hängt erst seit wenigen Tagen dort. Meine englischen Freunde nennen mich owl, weil ich ein Abendmensch bin und die Nachtstille mag. Ebenso den Engelmagnet, den ich vorsichtig zur Seite lege. Ich könnte meine Fundstücke jetzt genau beschriften, eine Fundnummer vergeben und eintüten, und zur Sicherheit zeichnen oder fotografieren, damit ich es, wie in der Archäologie, genau wieder rekonstruieren könnte, aber ich vertraue darauf, dass diese kleinen Fundstücke und das, was ich damit verbinde, gut in mir aufgehoben und sozusagen eingetütet ist. Aber es ist schon ein bisschen so, man deckt auf, legt frei, betrachtet genau jede Einzelheit und dann verknüpft es sich mit bestimmten Ereignissen meines Lebens - der Kühlschrank ein Erinnerungsbord, oft mit der Intention, die Fundstücke später an anderer Stelle gut aufzuheben. Ich freue mich dann aber immer, wenn mein Kunstwerk am Kühlschrank wächst. Es ist das, was aus mir herauskommt und ich lasse es dann eben doch meistens dort hängen. Die Grabung geht weiter, schon kann ich einige Dinge deutlicher erkennen, eine Einladung zum gemeinsamen Kochen, das Kölsche Grundgesetz. Das ist immer gut! „Es kütt wie es kütt, et es wie et es, et hätt noch immer got gegange!“. Gerade jetzt tun diese Worte gut. Wenige Zentimeter entfernt, taucht ein Gebet über das Wort, von Jörg Zink auf. Es ist schon ganz abgegriffen und zerknautscht, aber Gebete, Gedanken, die man zufällig entdeckt sind kleine Schätzchen und meistens landen sie auch bei mir zuerst am Kühlschrank, wie auf einer Pinwand mit der unausgesprochenen Mahnung: Bitte nicht vergessen! Ich teile es gerne mit Ihnen, lassen Sie es auf sich wirken: „Ich nehme ein Wort in die Hand und prüfe sein Gewicht. Ich beginne ihm zuzuhören. Da geschieht etwas in mir. Ich lege das Wort wieder weg Aber es ist nicht mehr desselben Worts ist gewichtiger geworden dadurch, dass ich es hörte. Auch ich selbst bin nicht mehr derselbe.“ Daneben ein Foto meines Patenkindchen, dass ich bereits sehr vermisse und zurzeit leider nicht so oft sehen kann. Und sie strahlt mich trotzdem an, jeden Tag. Jetzt sehe ich dieses Lächeln wieder deutlicher und ich tüte es tief in mir ein. Und das, was nun vor mir liegt, spricht seine eigene Sprache, nimmt mir fast die Sprache.  Was bleibt ist für mich eine Botschaft, entstanden in drei ganz unterschiedlichen Zusammenhängen, die ich ihnen heute mit in den Tag geben möchte. Manchmal muss man Schicht für Schicht abtragen, den Perspektivwechsel wagen, um wieder anders neu zu entdecken. Da ist einmal die Postkarte mit dem Rilkegedicht über die große Frage unseres Lebens, wenn es heißt: „ Ich kreise um Gott, den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang; und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder großer Gesang“ und eine weitere  Karte, sie zeigt Maria Verkündigung, die ich anlässlich eines Themenabends über die Mystikerin Madeleine Delbrêl, übrigens eine der wenigen Frauen auf dem 2. VAT. Konzil, gestaltet habe. Auf der Rückseite handschriftlich, ihre letzten Worte: „Fais pareil“ - „Tu dasselbe, mach es genauso“. Es sind Worte der Aufforderung, die ich wie ein Schatz hüte und mich, wie Jörg Zink es in seinem Gebet beschreibt, verändert haben und vor allem immer wieder herausfordern. Da ist der Magnet mit den berühmten Zeilen Dietrich Bonhoeffers, dessen Todestag sich in diesen Tagen zum 75.Mal gejährt hat: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“  Und in der Mitte von alle dem, ein Magnet mit den Zeilen: Ich liebe Dich.

Alles zusammen:

Glaube Hoffnung und Liebe, (1 Kor 13,13), glauben, hoffen, lieben-mach es genauso.

Fais pareil!

                                                        

Seien Sie behütet in allem, was ist. Ihre und Eure Ute Trimpert, Gemeindereferentin

Für die Pastoralteams der Seelsorgebereiche Alfter, Bornheim-Vorgebirge und Bornheim -An Rhein und Vorgebirge